Schindelbecks Jazz Blog

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Sonntag, November 12, 2006

Manfred Rinderspacher: Randy Weston


Manfred Rinderspacher

Randy Westons African Rhythm Trio














Enjoy Jazz 2006 - Fazit

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Tatsächlich königliches Vergnügen - wie es die Plakate mit der Krone allüberall versprachen - bereiteten einige Konzerte des Enjoy Jazz Festivals 2006. Über 50 Veranstaltungen fanden in diesem Jahr statt und es war augenscheinlich, daß der Zuspruch in diesem Jahr noch einmal zugenommen hat. Fürs kommende Jahr sollten vielleicht schon einmal die "Wegen Überfüllung geschlossen" Schilder in Auftrag gegeben werden.

Wie jedes Jahr war das Spektrum der Künstler weitgefächert und entsprechend war für jeden auch etwas dabei, so natürlich auch für mich. Positiv überrascht von John Zorn (eben nicht der laute Trash-Saxophonist), Tomasz Stanko (bisher ein bisschen außerhalb meines Radars, ein markanter Trompeter in einem hochkarätigem Quartett), die ohnehin hohen Erwartungen übertroffen: Randy Westons African Rhythm Trio.

Der Erfolg des Festivals beruht mittlerweile auch auf dem Effekt, den ich in einem Konzert erlauschte: "...ich kannte die auch nicht. Aber Du kannst eh zu jedem Konzert gehen, die sind alle gut." Nicht jedermans Geschmack aber (fast) immer gut. Das trifft es durchaus.

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Nils Wogram im Jazzinstitut Darmstadt


Zum Jazztalk* ins Jazzinstitut Darmstadt war Nils Wogram mit Root 70 gekommen.

Im Gewölbekeller - ein wunderbarer Veranstaltungsort für derlei Konzerte, nur über eine halsbrecherische Treppe zu erreichen - musizierten Nils Wogram (tb), Hayden Chisholm (sax), Matt Penman (b), Ted Poor (dr) und zusätzlich, nach der Pause, ein Cellist, dessen Namen ich leider nicht notiert habe, er war unangekündigter Gast auf der Bühne. Root 70 spielen einen Jazz, der sich der Beschreibung etwas entzieht, weil er zwar viele Elemente klassischen Jazz aufweist aber individuell von den Musikern so präsentiert wird, daß er eine ganz eigene Musik wird - die schlicht gehört werden muss.

Viele Stücke beginnen mit sehr ruhigen Passagen in denen sowohl Chisholm als auch Wogram die "pianofähigkeiten" ihrer Instrumente ausloten und die zeigen, wie großartig Wogram die Posaune im Griff hat. Mal kaum hörbar unisono mit Chisholms Saxophonklängen verschmolzen, mal in Mangelsdorffscher Tradition mit ins Rohr gesungenen Tönen gewürzt, dann wieder mit dem Dämpfer die "dirty sounds" herausbrötzend - und das alles scheinbar ebenso mühelos wie das flinke hin- und hergleiten des Zugs im Instrument: Er beherrscht das Instrument bis in die letzte Windung.


Diese Fertigkeit lässt ihm jede Freiheit zu spielen was er will. Trotzdem ist die Musik durchstrukturiert und dicht, fein abgestimmt und frei. Im Jazztalk nach der Pause - eine vom Leiter des Jazzinstitutes, Wolfram Knauer, moderierten kurzen Gesprächsrunde - betont Wogram den Ansatz: er vertrete nicht die Meinung, daß Musik jeden Abend neu erfunden werden muss. Natürlich gebe es genügend Freiraum innerhalb der Stücke und selbstverständlich entwickle sich die Musik auch im Laufe der Zeit über die Improvisation mit jedem Konzert aber Grundlage seien doch vorgegebene musikalische Strukturen. In diesem Zusammenhang ging es auch um ein kommendes Projekt von Root 70, bei dem alte Broadway-Melodien die Grundlage bildeten um sie mit dem Ansatz der Band ins Jahr 2006 zu transformieren.

Wograms Faible für den klassischen Jazz wird offensichtlich, wenn er davon erzählt, wie er für die kommenden Aufnahmen der Band auf der Suche nach einem alten Tonstudio im ehemaligen Osten war, um eine akustische Annäherung an Aufnahmen zu finden, die vor über einem halben Jahrhundert entstanden. Modernen Pop-Melodien spricht Wogram übrigens die Eignung ab, zum Improvisationsobjekt zu taugen...

Daß der Ansatz, mit altem Material zu spielen, hervorragend funktioniert ist in der Bearbeitung von "All the things you are" zu hören: Die Akkorde geben den Weg vor, gelegentlich hört man noch ein Schnipsel Musik, bekannt von einer Parker Aufnahme aber tatsächlich erfinden Wogram und Co. den Klassiker melodisch gänzlich neu und machen ihn zu ihrem ureigenen Song, wie es eben andere Große der Jazzgeschichte auch getan haben. So funktioniert Jazz auch im Jahr 2006 nach wie vor.

Eine Fotogalerie des Konzertes findet sich unter http://www.schindelbeck.org/Nils-Wogram-Root70

 

PS: Fotografen!

Auffällig war die hohe Fotografendichte im Konzert. Da ich mich leider allzu selten in diesen Spielort verirre weiß ich nicht, ob die Fotografenmeute nur anlässlich der Gruppe zugegen war oder zur Stammbesetzung des Jazzkellers gehört.


In der ersten Reihe saßen drei Fotografen, aus dem Hintergrund knipste eine ältere Dame noch gelegentlich - drei davon mit Blitz. Möglicherweise bin ich ja von den Enjoy Jazz Fotografen verwöhnt - bei denen ist es usus, daß nicht wild herumgeblitzt wird. Das hat zum einen mit Rücksicht zu tun - auf Musiker und auf das Publikum - zum anderen mit Gestaltung. Vielleicht hat es sich zu den Blitzern noch nicht herumgesprochen: eure Bilder sind platt und atmosphärelos. Also lasst es lieber. Dieser kleine Appell gilt nicht dem Herrn vorne rechts, der das offensichtlich schon weiß - und ich selbst entschuldige mich für das Klacken des Spiegels in der Pentax :-)

*(die Namensgleichheit mit dem Jazzforum der Jazzpages ist unbeabsichtigt - keine Ahnung was zuerst existierte).